Zielsetzung
Die Praxis der pflegerischen Versorgung ist seit jeher weiblich geprägt. Zukünftig wird aber auch die medizinische Versorgung überwiegend in der Hand von Ärztinnen liegen. Dennoch ist die letztendliche Entscheidungshoheit im deutschen Gesundheitswesen – in Politik, Forschung und Verwaltung – nach wie vor überwiegend männlich dominiert. Das wäre für die Qualität der Versorgung unproblematisch, wenn sich nicht – wie Wissenschaft und Forschung in den letzten Jahren eindeutig nachgewiesen haben – männliche und weibliche Gesundheit signifikant voneinander unterscheiden würden, und wenn nicht die Versorgungsrealität der Zukunft zwangsläufig auch auf sich wandelnde gesellschaftliche Anforderungen, beispielsweise zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, reagieren müsste. Eine Vereinbarkeit, die zunehmend auch von Männern beansprucht wird. Es gibt also zahllose wichtige Gründe, Gesundheit und Versorgung zukünftig männlich und weiblich zu denken.
Der Bundeskongress Gender-Gesundheit möchte hier eine Plattform für den interdisziplinären Austausch der Akteurinnen im Gesundheitswesen etablieren. Ziel ist es dabei ausdrücklich nicht, gegen ein bislang eher männlich ausgerichtetes Gesundheitssystem zu polemisieren, sondern Anspruch des Kongresses ist es vielmehr, die unterschiedlichen Zugänge und Versorgungsnotwendigkeiten beiderlei Geschlechter in den Fokus zu nehmen und damit eine möglichst zielgenaue Versorgungseffizienz der auf allen Ebenen knapper werdenden Ressourcen zu erreichen.
In diesem Zusammenhang sollen die Herausforderungen für Politik und Selbstverwaltung umrissen werden, um auf eine differenzierte Medizin zu reagieren. Gefragt werden muss dabei aber auch nach Versicherungs- und Finanzierungsmodellen für Krankenkassen, wenn Aspekte der weiblichen Physiologie in den medizinischen Versorgungsalltag Einzug finden sollen. Und ein wichtiger Aspekt wird nicht zuletzt der Entwicklung von Arzneimitteln und entsprechender Studien zukommen, da immer wieder von namhaften und unabhängigen Wissenschaftlern - so zuletzt im Arzneimittelreport 2012 der Barmer GEK – ein spezieller Index gefordert wird, der die Wirkung bestimmter Medikamente auf Frauen besser vorhersehbar macht.
Der Bundeskongress Gender-Gesundheit geht also davon aus, dass auf allen Ebenen des deutschen Gesundheitswesens Versorgungsverbesserungen und Effizienzreserven freizulegen sind, wenn es gelingt, geschlechterspezifische Denk-, Forschungs- und Umsetzungskonzepte im System zu etablieren. Er möchte systemverantwortlichen Frauen, aber auch den entsprechend sensibilisierten Männern ein Forum schaffen, um das deutsche Gesundheitssystem in diesem Sinne weiterzuentwickeln.